Ob Sport, Kultur, Soziales oder Brauchtum: Kaum ein anderes Land ist so stark durch ehrenamtliches Engagement geprägt wie Deutschland. Mit über 600.000 eingetragenen Vereinen ist das Konzept des Vereinswesens fest in unserer Gesellschaft verankert – als Ort der Gemeinschaft, Mitgestaltung und Verantwortung. Nicht geliebt sind dabei oft die Themen “Finanzen und Steuern im Verein”. Wer sich im Verein als KassiererIn wählen lässt, hat oft einen großen Berg Arbeit vor sich und trägt durchaus Verantwortung.
Denn das Vereinsleben ist nicht nur eine Herzensangelegenheit, sondern je nach Vereinsgröße auch mit rechtlichen und steuerlichen Pflichten verbunden. Vereine gelten steuerlich nicht einfach als Unternehmen oder Privatpersonen – sie fallen in eine eigene steuerliche Kategorie. Und vieles ist hier einfach anders … aber der Reihe nach.
Über die Autorin

Mein Name ist Katrin Schillings. Seit dem Jahr 2019 bin ich Steuerberaterin und Geschäftsführerin unserer Steuerkanzlei der Schillings & Reichhardt PartGmbB. Neben meiner Begeisterung für das Steuerrecht bin ich seit meiner Jugend begeistertes Vereinsmitglied in verschiedenen Vereinen. Seit vielen Jahren übe ich in mehreren Vereinen/Stiftungen eine Tätigkeit im Vorstand aus.
Mein Tätigkeitsbereich liegt hier in der Verwaltung und Beratung der Finanzen der Vereine, sowie mein Schwerpunkt als 1. Vorsitzende der Turngemeinde Neuss e.V.
Meine Leidenschaft für die Themen Steuerrecht und Vereinswesen und die langjährige Erfahrung haben dazu geführt, dass das Vereinssteuerrecht zu einer meiner Spezialgebiete gehört.
In meinen Blogbeiträgen teile ich mein Wissen sehr gerne mit Ihnen. Als Steuerberaterin unterstütze ich Vereine dabei, steuerlich optimal aufgestellt zu sein.
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Einnahmen im Verein: Steuerpflichtig oder nicht?
Vereine haben – je nach Zweck und Aktivitätsgrad – eine Vielzahl möglicher Einnahmequellen. Steuerlich wichtig ist dabei vor allem die korrekte Einordnung in die vier Tätigkeitsbereiche (auch Sphären genannt), da sie unterschiedliche steuerliche Konsequenzen haben.
Hier sind die typischen Einnahmequellen eines Vereins, geordnet nach Tätigkeitsbereichen:
1. Ideeller Bereich: Keine Körperschaft-, Gewerbe- oder Umsatzsteuerpflicht
-> Zweckverfolgung, aber kein wirtschaftliches Handeln
- Mitgliedsbeiträge
- Zuschüsse von öffentlicher Hand (z. B. Projektförderung, Bildung)
- Spenden (Geld- oder Sachspenden)
- ehrenamtliche Zuwendungen
- Einnahmen aus nicht erwerbsorientierten Veranstaltungen (z. B. Mitgliederversammlung)
Im ideellen Bereich eines Vereins gilt steuerrechtlich eine klare Abgrenzung: Einnahmen, die unmittelbar der satzungsgemäßen Zweckverfolgung dienen, sind grundsätzlich weder körperschaft-, noch gewerbe- oder umsatzsteuerpflichtig. Dazu zählen insbesondere die oben aufgezählten Einnahmen.
Auch Einnahmen aus nicht erwerbsorientierten Veranstaltungen – beispielsweise einer Mitgliederversammlung – fallen in diesen steuerfreien Bereich. Entscheidend ist stets, dass keine wirtschaftliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, sondern allein die Förderung des ideellen Vereinszwecks im Vordergrund steht (Quelle: https://www.vvs-frankfurt.de/index.php/finanzen/steuern).
Praxisbeispiel: Mitgliederversammlung eines Sportvereins
Fall A. Ein Fußballverein mit 250 Mitgliedern finanziert sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und erhält von der Stadt jährlich einen Zuschuss für die Jugendarbeit. Außerdem spendet ein lokales Sportgeschäft 50 neue Trainingsbälle.
- Die Einnahmen werden ausschließlich für den Vereinszweck verwendet: Trikots für die Jugendmannschaft, die Platzmiete und Fahrtkosten zu Auswärtsspielen.
- Zusätzlich organisiert der Verein eine Mitgliederversammlung, bei der über Projekte abgestimmt wird. Für die Teilnahme werden keine Gebühren erhoben.
➡ Steuerlich: Alle diese Einnahmen – Beiträge, Zuschüsse, Spenden, ehrenamtliche Leistungen – gehören zum ideellen Bereich und sind komplett steuerfrei (keine Körperschaft-, Gewerbe- oder Umsatzsteuer).
Fall B. Nehmen wir an, auf der Mitgliederversammlung des Vereins werden Getränke verkauft. Dies wäre eine auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit und fällt somit in den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Umsatzsteuer wären theoretisch fällig.
➡ Praxis-Einschätzung: Solange der Sportverein nur bei der jährlichen Mitgliederversammlung Kaffee, Wasser und Softdrinks mit kleinem Aufschlag verkauft, bleiben die Beträge sehr gering. Steuerlich wird das zwar formal als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb erfasst, in der Praxis greifen aber die Freigrenze und Freibeträge, so dass keine Steuerlast entsteht.
2. Vermögensverwaltung (Keine Ertragsteuer, aber ggf. Umsatzsteuerpflicht)
-> Nutzung von Vereinsvermögen zur Ertragsgenerierung
- Mieteinnahmen (z. B. bei Nutzung des Vereinsheims von Mitgliedern gegen Entgelt)
- Zinsen, Dividenden
- Verpachtung (z. B. von vereinseigenen Sportanlagen und Flächen)
- Lizenzgebühren (wenn z. B. Namensrechte vergeben werden)
In der Vermögensverwaltung nutzt ein Verein sein vorhandenes Vermögen zur Ertragsgenerierung. Dies kann einzelne oder auch mehrere der oben aufgelisteten Erträge umfassen.
Steuerlich sind diese Einnahmen in der Regel von der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer befreit, da sie dem gemeinnützigen Zweck dienen und nicht einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden. Allerdings können solche Einnahmen umsatzsteuerpflichtig sein – insbesondere, wenn sie als unternehmerische Tätigkeit gelten.
Vereine sollten daher sorgfältig prüfen, ob und in welcher Form Umsatzsteuer auf ihre Vermögenserträge anfällt. (Quellen: https://deutsches-ehrenamt.de/steuern-finanzen/steuern/vermoegensverwaltung-verein; https://www.meinverein.de/blog/vereinsbuchhaltung-finanzierung/steuerbereiche).
Praxisbeispiel: Probenhaus eines Chorvereins
Ein Chor besitzt ein eigenes kleines Probenhaus. Wenn es nicht selbst genutzt wird, wird es gelegentlich an andere Musikgruppen oder kleine Ensembles vermietet. Zusätzlich hat der Verein ein kleines Guthaben bei der Bank, das Zinsen abwirft.
- Die Einnahmen aus der Vermietung werden für den Unterhalt des Gebäudes eingesetzt (Strom, Reinigung, Reparaturen).
- Die Zinsen verbleiben im Vereinsvermögen und sichern die langfristige Finanzierung.
➡ Steuerlich: Einnahmen aus Miete, Zinsen und Verpachtung gehören zur Vermögensverwaltung und sind nicht körperschaft- oder gewerbesteuerpflichtig. Allerdings können sie umsatzsteuerpflichtig sein, wenn die gesetzlichen Grenzen überschritten werden oder keine Umsatzsteuerbefreiung greift.
➡ Praxis-Einschätzung: Geringe Mieteinnahmen fallen höchstwahrscheinlich unter die Kleinunternehmerregelung. Vereine sollten dennoch unbedingt über die Einnahmen Buch führen, insbesondere da es sich um eine langfristig bestehende Situation handelt.
3. Zweckbetrieb (Körperschaft- und Gewerbesteuerfrei, evtl. ermäßigter USt-Satz von 7 %)
-> Wirtschaftliche Tätigkeit zur direkten Zweckverfolgung
- Eintrittsgelder bei Benefizveranstaltungen
- Teilnahmebeiträge für gemeinnützige Kurse (z. B. Sport, Bildung)
- Einnahmen aus Schulungen, Fortbildungen
- Betrieb von Einrichtungen (z. B. Kitas oder Pflegeeinrichtungen), wenn gemeinnützig
In einem Zweckbetrieb verfolgt ein Verein eine wirtschaftliche Tätigkeit, die unmittelbar und unverzichtbar dem in der Satzung verankerten gemeinnützigen Zweck dient. Typische Einnahmen aus diesem Bereich stammen aus oben gelisteten Tätigkeiten.
Steuerlich gelten diese Einnahmen als körperschaft- und gewerbesteuerfrei, da sie dem satzungsgemäßen Zweck unmittelbar zugeordnet sind. Umsatzsteuerlich sind sie in der Regel mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % zu besteuern, sofern keine speziellen Ausnahmeregelungen greifen. Ein reduzierter Satz kann insbesondere gelten, wenn die Einnahmen nicht in unerlaubter Konkurrenz zu gewerblichen Angeboten stehen und direkt der gemeinsame Satzungszweck verfolgt wird. (Quellen: https://aufbau-finanzamt.nrw.de/steuerinfos/weitere-themen/vereine-und-stiftungen/vereine-und-die-umsatzsteuer, https://www.meine.vereinswelt.de/artikel/wirtschaftlicher-geschaeftsbetrieb-in-ihrem-verein/)
Praxisbeispiel: Vereinsgeführte Kita „Sonnenkinder e.V.“
Ein gemeinnütziger Trägerverein betreibt eine Kindertagesstätte. Die Eltern zahlen monatliche Beiträge, außerdem erhält die Kita öffentliche Zuschüsse.
- Einnahmen aus Beiträgen und Zuschüssen werden ausschließlich für den Betrieb der Kita eingesetzt: Miete, Gehälter der ErzieherInnen, Verpflegung, Ausstattung sowie Spiel- und Lernmaterialien.
- Der Betrieb der Einrichtung erfüllt unmittelbar den satzungsgemäßen Zweck „Förderung von Bildung und Erziehung“.
➡ Steuerlich: Solche Einnahmen sind ein Zweckbetrieb. Sie sind körperschaft- und gewerbesteuerfrei, da sie unmittelbar dem gemeinnützigen Zweck dienen. Umsatzsteuerlich gilt in vielen Fällen der ermäßigte Steuersatz von 7 %, teilweise besteht sogar eine Steuerbefreiung (z. B. für Leistungen der Jugendhilfe nach § 4 Nr. 23 UStG).
➡ Praxis-Einschätzung: Der Zweckbetrieb ist für gemeinnützige Vereine meist steuerlich gut abgesichert. Körperschaft- und Gewerbesteuer fallen nicht an, Umsatzsteuer oft nur mit ermäßigtem Satz oder es gelten sogar Befreiungen. Für Elternvereine ist das ein stabiler Bereich, da die Einnahmen eng an den Satzungszweck gebunden sind. Solange die Kita also keine zweckfremden Einnahmen erwirtschaftet, bleibt die steuerliche Situation weitgehend unkompliziert und Steuern im Verein fallen nur eingeschränkt an.
4. Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuerpflicht möglich – es gelten Freigrenzen und Pauschbeträge)
-> Ausgerichtet auf Einnahmeerzielung, nicht gemeinnützig
- Einnahmen aus Vereinsfesten mit Verkauf
- Werbung (z. B. Bandenwerbung, Sponsoring mit Gegenleistung)
- Verkauf von Speisen und Getränken
- Verkauf von Fanartikeln
- Einnahmen aus Flohmärkten oder Tombolas
- Erlöse aus wirtschaftlichen Tätigkeiten außerhalb des Satzungszwecks
Nun wird es insgesamt etwas komplizierter und aufwendiger in der Bewertung. Denn ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt vor, wenn ein Verein Einnahmen erzielt, die nicht mit seinem satzungsgemäßen gemeinnützigen Zweck verbunden sind. Dies gilt beispielsweise für den Verkauf von Speisen und Getränken bei Vereinsfesten sowie die weiteren durchaus üblichen und häufigen Einnahmequellen eines Vereins.
Gehen wir bei der steuerlichen Behandlung dieser Einnahmen ein wenig ins Detail:
- Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer können anfallen, wenn die Bruttoeinnahmen (inklusive Umsatzsteuer) aus allen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben die Freigrenze von 45.000 € im Kalenderjahr überschreiten.
Wird die Freigrenze überschritten, gilt: Es wird auf den Gewinn Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer erhoben. Allerdings gibt es einen Freibetrag von 5.000 €, der sowohl bei der Körperschaftsteuer (§ 24 KStG) als auch bei der Gewerbesteuer wirkt
Beispiel: Bei einem Jahresertrag von 50.000 € minus anrechenbare Kosten von 30.000 € ergibt sich ein Gewinn von 20.000 €. Nach Abzug des Freibetrags von 5.000 € verbleiben 15.000 € steuerpflichtiger Gewinn – darauf sind dann Körperschaftsteuer (15 % zzgl. Solidaritätszuschlag) sowie ggf. Gewerbesteuer zu zahlen.
- Umsatzsteuerpflichtig ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in der Regel vollständig – im Gegensatz zum ideellen Bereich oder Zweckbetrieb, die oft Steuerbefreiungen oder reduzierte Sätze genießen.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen werden (z. B. bei geringen Umsätzen). Dann entfällt die Umsatzsteuerpflicht, aber auch der Vorsteuerabzug.
(Quellen: https://www.vereinswelt.de/finanzen/steuern/wirtschaftlicher-geschaeftsbetrieb/; https://www.finanzamt.bayern.de/Informationen/download.php?url=Informationen%2FSteuerinfos%2FZielgruppen%2FVereine%2FFAQ_Gem.Vereine_Stand_Juli_25.pdf)
Praxisbeispiel: Stadtfest mit Verkauf und Sponsoring eines Kulturverein
Ein Kulturverein nimmt jährlich an einem Stadtfest teil. Dort verkauft der Verein selbst Getränke und Speisen. Außerdem betreibt er einen Stand mit Fanartikeln (T-Shirts, Tassen) und vergibt Flächen für Werbung und Sponsoring (z. B. Firmenlogos auf Plakaten).
- Die Veranstaltung zieht viele Besucher an, sodass hohe Umsätze entstehen.
- Die Einnahmen gehen deutlich über die Bagatellgrenzen hinaus, die z.B. für Tombolas oder kleine Märkte gelten.
➡ Steuerlich: Diese Tätigkeiten zählen zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, da sie auf Einnahmeerzielung gerichtet sind und nicht mehr der unmittelbaren Zweckverfolgung dienen. Die Bruttoeinnahmen liegen im Bereich der Freigrenze. Wird die Grenze überschritten, ist der Gewinn steuerpflichtig (nach Abzug des Freibetrags von 5.000 €). Zudem fällt in der Regel Umsatzsteuer (19 %) an.
➡ Praxis-Einschätzung: Dieser Bereich ist steuerlich am „riskantesten“. Kleine Feste bleiben oft unter der Freigrenze (45.000 € Einnahmen), sodass keine Körperschaft- oder Gewerbesteuer anfällt. Überschreitet man die Grenze, wird der Gewinn steuerpflichtig. Auch die Umsatzsteuer spielt hier schnell eine Rolle (Regelsteuersatz 19 %). Der Kulturverein sollte rechtzeitig prüfen, ob er sich noch im steuerfreien Rahmen bewegt oder eine saubere Abrechnung mit Steuererklärungen notwendig ist.
Im nächsten Teil dieses Beitrags geht es um die Gemeinnützigkeit von Vereinen und deren steuerliche Relevanz. Und wir befassen uns detailliert mit der “Umsatzsteuer“ und klären ganz genau, welche Einnahmen gemeinnützige Vereine wie versteuern müssen.
